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Night Demon
Was am ersten Tag schon Stallion zugute kam, sprich, dass die
ersten Shows jeweils "erst" um 11:30 Uhr beginnen, wussten auch
Night Demon zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen..., und wie! Es
gibt sie also doch noch, die immer seltener werdenden Momente,
wo einem die Kinnlade von Anfang an immer weiter nach unten
fällt und man sich bald einig ist: "Yes, that's the real shit
man!" So geschehen bei diesem tighten Trio aus Ventura
(Kalifornien). Was da Leadsänger und Bassist Jarvis Leatherby,
Gitarrist Armand John Anthony (löste Brent Woodward ab) und
Drummer Dusty Squires da abzogen, war ganz grosses Kino! Zu
einem erstaunlich guten Grundsound hörte man den Bass von Jarvis
schon fast knarzend aus der PA wabern. Die Band wurde 2011
gegründet und legte bereits mit der ersten selbstbetitelten EP
ein NWOBHM-Juwel der Neuzeit hin, das sich gewaschen hatte. Es
ist manchmal schwierig zu beschreiben, warum man sich zig
technisch versierte Bands aus der entsprechenden Stilecke schon
fast gelangweilt anhören kann, und plötzlich ragt da was
Ausserordentliches aus der Masse heraus. Spätestens mit dem
2015er Debüt «Curse Of The Damned» bewiesen die drei Amerikaner,
dass sie es echt drauf haben. Die knackig produzierten Songs
fallen einen wie Raubtiere an und krallen sich sprichwörtlich an
den Eiern fest. Wie schon Motörhead in frühen Zeiten, kommt es
meistens gut, wenn man die Stärken eines Trios bündeln und die
rohe Energie der Studioaufnahme auf der Bühne zu reproduzieren
vermag. Das gelang Night Demon vorzüglich und so mauserte sich
die agile Band zu einem, wenn nicht den besten BYH!!!-Opener den
ich seit 1999 jemals gesehen und gehört habe. Das sahen die
wiederum erfreulich vielen Fans vor der Bühne auch so und
spendierten immer lauteren hochverdientenen Applaus. Ich
notierte mir zusätzlich folgendes: Zu Hause sofort das Vinyl
krallen! (rsl)
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Freedom Call
"Hey ihr Schlawiner, ihr seid ja noch gar nicht richtig wach!
Habt wieder die ganze Nacht durchgesoffen? Wir machen das eben
nicht!", begrüsste Chris Bay die Frühaufsteher mit einem breiten
Grinsen im Gesicht. Direkt aus dem Studio ("...wir waren ganz
alleine im dunklen Keller und haben ein neues Album
aufgenommen..."), standen Freedom Call in Balingen viel zu früh
auf der Bühne. Dies belegte auch die nachfolgende
Autogrammstunde, die länger als geplant dauerte. Mister Bay
präsentierte sich wieder einmal als einer der unterhaltsamsten
Entertainer im Metal-Bereich. Seinem Charme und seinem Flair
kann niemand widerstehen. Chris ist der Dreh- und Angelpunkt bei
den Deutschen und lenkt die Geschehnisse geschickt in die
richtige Richtung. Zusammen mit seinem langjährigen Sidekick
Ilker Ersin kam sehr viel Bewegung auf die Bühne. Mit seinen
langen schwarzen Haaren und seinem sonnigen Gemüt ist Ilker eh
ein weiterer Bonuspunkt auf der Stage. Dazu gesellen sich
Leadgitarrist Lars Rettkowitz, der über beide Backen strahlte
und Powertrommler Ramy Ali, der mit seiner Show immer wieder an
Tommy Lee (Mötley Crüe) erinnerte. "Ihr könnt jetzt so tun, als
ob dies der grösste Hit ist, den wir jemals geschrieben haben",
kündete Chris «Hammer Of The Gods» vom noch unveröffentlichten
neuen Album an. Der singende Gitarrist liess die Situationskomik
für sich spielen ("...seht ihr, bei unserer Musik scheint sogar
die Sonne...") und ging mit den Besuchern auf Tuchfühlung: "Ich
habe eine ganz intime Frage! Wollt ihr lieber den «Warrior»
hören oder zu «Land Of Light» hüpfen?" Freedom Call boten schon
zu früher Stunde eine verdammte geile Show, spielten mehr als
den ihnen oftmals angehefteten "Happy-Metal" und räumten auf der
ganzen Linie ab. Auch wenn «Mr. Evil» fehlte und «Power & Glory»
sicherlich eine gute Alternative war. (tin)
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Manilla Road
Im Bereich des Epic Metal gibt es wohl kaum eine andere Band,
die einerseits zu den Begründern dieses Genres zu zählen und
gleichzeitig immer noch aktiv ist. Mastermind, Sänger und
Gitarrist Mark Shelton ist noch das einzig verbliebene
Ur-Mitglied der 1977 in Wichita (Texas) gegründeten Band. Die
83er-Scheibe «Crystal Logic» ist so zu sagen die Blaupause
dieser Stilrichtung. Doch anfangs der 90er war der Tank leer und
ausser ein paar lokalen Gigs ging nicht mehr viel. Da kam der
Anruf des BYH!!!-Festivals im Jahre 2000 gerade richtig und
brachte die Truppe wieder zurück auf die Bühne. Das führte zur
Initialzündung, um weitere Alben aufzunehmen. Diese wirbelten
zwar in der Öffentlichkeit nicht gross Staub auf, aber die
Zielgruppe erhielt ab da neues Kraftfutter und seither, also ab
2001, sind nicht weniger als acht neue Scheiben (!) unters Volk
gebracht worden. «The Blessed Curse» als letzter, sprich
aktueller Release kam letztes Jahr heraus und glänzte nebst den
Songs auch wieder mit tollem Artwork. Davon wurde mit «Truth In
The Ash» nur gerade ein einziger Song gespielt und der ganze
Rest stammte nur aus den 80ern, vorab ab dem Klassiker «Crystal
Logic» von 1983, wovon nicht weniger als fünf Perlen, wie der
Titelsong oder der Opener «Flaming Metal Systems», stammten.
Obwohl die eben erwähnten Songs locker über dreissig Jahre alt
sind, passen sie bestens in die aktuelle Szene rein, und es tut
gut zu sehen und zu hören, wenn man noch mitbekommen wie erleben
kann, woher dass jüngere Combos ihre Inspirationen her holen.
Altmeister Mark Shelton bewies ausserdem, dass er, obwohl auch
nicht mehr Jüngste, nach wie vor ordentlich in die Saiten hauen
kann und teilte sich die Leadvocals mit seinem Sidekick Bryan
Patrick. Der rasante Schlusstrack «Heavy Metal To The World»
traf schliesslich nicht nur vom Titel her voll ins Schwarze.
(rsl)
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Impellitteri
Auf Wundergitarrist Chris Impellitteri und Sangesgott Rob Rock
war ich sehr gespannt. Meine Erwartungen waren hoch, sehr hoch
sogar, aber ich muss sagen, Impellitteri haben mich völlig
umgehauen. Mit «The King Is Real» schob der Vierer gleich mal
alle Regler auf Höchsttemperatur und bot ein musikalisches
Feuerwerk, das Seinesgleichen sucht. Die Band war eine verdammte
Einheit und Chris eine Bank. Seine Riffs kamen fett rüber, seine
Solis blitzten filigran auf und seine Darbietung war ganz
einfach zum Niederknien geil. Dass er dann locker noch Black
Sabbath, Deep Purple und The Kinks anspielte, war ein
zusätzliches Stück Zucker für die Fans. Hört man einen Track wie
«Stand The Line», präsentiert sich der Gitarrist auf
Malmsteen-artigen Wegen, allerdings um einiges songdienlicher
und weniger selbstverliebt. Hier stellt sich eh die Frage, warum
Chris nicht den gleichen Erfolg wie Yngwie hatte,
beziehungsweise nur die Japaner auf Impellitteri abgefahren
sind?! Rob sang erneut klasse, traf auch die ganz hohen Screams
(was für ein Ur-Schrei bei «Wicked Maiden»!) und sieht heute,
wie schon vor Jahrzehnten, nach purem Metal aus. Lieder wie
«Wicked Maiden» (mit «Heaven And Hell»-Schlussakkord und
Loudness Gedächtnis-Riff), «Time Machine» (mit
Jahrtausend-Riff), oder «Warrior» sind einfach 80er Metal pur.
Reiner geht das nicht. Impellitteri boten eine verdammt tolle
Show, die einen grösseren Zuspruch der Zuschauer verdient gehabt
hätte. Die, die da waren, genossen die Riffs wie die Screams und
lauschten den Klängen von der Bühne verzückt zu. (tin)
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Sacred Reich
Obwohl sie schon seit gefühlten 286 Jahren keine neue Scheibe
mehr veröffentlicht haben (das letzte reguläre Studio-Album
erschien 1996) und zwischen 2000 und 2007 als Band eigentlich
gar nicht existierten, erfreuen sich die Thrasher von Sacred
Reich nach wie vor einer treuen und begeisterten Fangemeinde -
und unzähliger Sympathisanten sowieso. Das liegt nicht nur
daran, dass die US-Amerikaner live eine Wucht sind und immer
irrsinnig Spass machen, sondern sicherlich auch an der direkten,
authentischen und sympathischen Art, mit der Frontmann / Sänger
/ Bassist und Knuddelbär Phil Rind dem Publikum entgegen kommt.
Nach dem pompösen Film-Intro legte das Quartett mit «The
American Way» voll los und trotz des anfangs etwas zu dünnen
Gitarrensounds und höllisch viel Delay auf der Stimme gabs
direkt ohne Schnörkel und Platitüden voll eins auf die Zwölf!
Die Bang Your Head!!!-Gemeinde machte begeistert mit. Bei
«Independent» schallten der Truppe lautstarke „Free“-Rufe
entgegen. Die Spielfreude der Band war überwältigend und die
Stimme von Phil hat in all den Jahren nichts an Kraft eingebüsst
- wohl aber ist seine Silhouette etwas in die Breite gegangen.
Dies kommentierte er selbst äusserst amüsant: „Embrace the
fatness! You know, in my mind, I am still 18 and slim with very
long hair. And you know what my wife calls me? Mr. Sexy! And she
means it! She says it without any sarcasm!“ Also wenn wir
irgendjemandem das Glück einer harmonischen Ehe wünschen, dann
wohl ihm! In der Ansage zu «Love/Hate» wünschte sich Rind mehr
Liebe und weniger Hass. Darum forderte alle Zuschauer auf, die
Person neben sich zu umarmen - was auch ganz viele spontan
taten. Was für ein wunderschönes Bild in Zeiten von Gewalt und
Terror, wie die Metal-Gemeinde friedlich und vereint
zusammensteht! Mit «Black Sabbath» wagte man sich dann noch an
einen wirklich schwierig zu covernden Klassiker, den man von der
(vermeintlichen) Spass-Band so eigentlich gar nicht erwartet
hätte. Auch bei «Ignorance» werden erst etwas langsamere und
schleppendere Töne angeschlagen, bevor dann die Thrash-Maschine
wieder los preschte. Diese wurde bei einem weiteren Song aber zu
jähem Abbruch gezwungen - und zwar weil Phil seinen Text
vergass! Dies kommentierte er mit „I can’t remember my lyrics,
I’m getting old. I’d like to apologize for my assholerie. Please
listen to this song at home, so you know, how it’s supposed to
sound.“ Mit «Surfing Nicaragua» machte die Truppe dann jeden
Lapsus - der eh nicht übel genommen wurde - wieder wett und die
Menge ging feiernd begeistert ab, Moshpit inklusive! Für mich
war dieser Gig klar eines der Festival-Highlights! (luc)
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Metal Church
Auch wenn ich die Wiedervereinigung mit dem langjährigen Shouter
Mike Howe sehnlichst herbei wünschte, die Darbietung im Z7 hatte
noch einiges an Luft nach oben frei. Der Auftritt in Balingen
war um einiges besser als in Pratteln und speziell Mike bot eine
viel agilere und packendere Show. Mister Howe war es auch, der
mit einem breiten Grinsen den Auftritt und speziell den Applaus
genoss und regelrecht in sich aufsog. Es war eine
Mannschaftsleistung, bei der speziell die Rhythmustruppe mit
Bassist Steve Unger (was für ein Metaller) und Schlagzeuger Jeff
Plate (mit unglaublichem Powerdrumming und Stickshow) glänzte.
Kurdt Vanderhoof grinste derweil schelmisch und haute den
Anwesenden die Kirchen-Riffs um die Ohren. Für mich bleibt Rick
Van Zandt allerdings ein fast lebloser Akzent auf der Bühne. An
seinen technischen Fähigkeiten gibt es zwar nichts zu rütteln,
aber sein Vorgänger Jay Reynolds war da um einiges aktiver und
ein grösserer Bandplayer als Rick. Mit «Start The Fire»
beansprucht die Metallkirche noch immer eines der drei besten
Metal-Riffs überhaupt für sich. Es waren eh die alten Tracks,
welche der Truppe die ganz grossen Publikums-Sympathien entgegen
brachten. War dies ein «Date With Poverty», mit einem stetig
hüfenden Mike, «Watch The Children Pray», die nach wie vor unter
die Haut gehende Power-Ballade oder der Doppel-Schluss mit
«Badlands» und «The Human Factor». Die Band poste, speziell
Kurdt, Steve und Mike und boten eine wirklich entfesselte Show
mit vielen Höhepunkten, aber auch dem Bewusstsein, dass ein
neuer Track wie «No Tomorrow» noch lange kein «Fake Healer» ist,
man mit «Killing Your Time» aber auf dem richtigen Weg
marschiert. (tin)
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Annihilator
Sacred Reich wurden nach der Wiederaufstehung der Metal-Kirche
von einer weiteren Thrash-Institutionen abgelöst: Annihilator
betraten die Bühne - oder sollte man sagen betrat der
"Annihilator" Jeff Waters mit Begleitung die Bühne? Der Mann
legte, seit er das Mikrophon seines einstigen Mitstreiters Dave
Padden wieder übernehmen musste, fast eine One-Man-Show hin. Und
das mit seiner berühmten Perfektion im Riffing, die schon beim
Opener «King Of The Kill» und später bei «Second To None» zu
bestaunen war. Mir persönlich war das allerdings fast etwas zu
sehr auf die Technik ausgerichtet, denn irgendwie blieb das
Wilde, Ungestüme, so zu sagen das „Rampensauige“ ein bisschen
auf der Strecke. Darüber hinaus kann man sich über Jeffs
stimmliche Qualitäten durchaus streiten, und da stehe ich nicht
allein mit dem Fazit: „Der gute Mann braucht zwingend einen
valablen Ersatz am Mikrofon, der das Ding reisst, damit sich der
gute Jeff auf seine Gitarrenkünste konzentrieren kann. Obwohl er
sicherlich nicht schlecht singt und die Töne durchaus trifft,
blieb irgendwie stets das Gefühl zurück, dass er sich mit dieser
zwangsläufigen Rolle nicht komplett wohl fühlt. Immerhin stand
ihm mit (Live-) Aaron Homma ein sichtlich fähiger Gitarrist zur
Seite und der jung aussehende Drummer Fabio Alessandrini, der
auf dem aktuellen Album «Suicide Society» nicht zu hören ist,
legte zusammen mit Bassist Rich Hinks (der auf der neuen
Langrille ebenfalls keinen Ton eingespielt hat!) zumindest einen
fetten Rhythmusteppich hin. Das Publikum machte dennoch
begeistert mit, wenn Hits wie «Alice In Hell», «Phantasmagoria»
oder «84/85» gespielt wurden. Mich riss die Show trotz des
musikalischen Könnens und aller Sympathien zu den Kanadiern,
beziehungsweise zu Jeff, einfach nicht wirklich mit, denn ich
war offensichtlich noch etwas zu geflasht von Sacred Reich -
really sorry! (luc)
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Testament
Dass die Bay Area Thrasher eigentlich fähig sind, alles und
jeden weg zu blasen, ist bekannt. Aber bei Testament kann man
entweder ein Riesenglück oder andererseits ziemliches Pech
haben! Mal sind sie absolut grandios, gut drauf, tight, voller
Energie - und manchmal steckt der Wurm drin, geht gar nichts.
Heute und zum zweiten Tag des BYH!!!-Festivals hatten die
Headbanger jedoch Glück, denn die Show der US-Thrash-Legende
ging richtig fett ab! Zum Einstieg prügelten sie einem gleich
mal den Klassiker «Over The Wall» um die Ohren, um danach ein
überragendes Best-Of-Set hinzulegen, das sich gewaschen hatte.
Die Zuschauer waren begeistert und ihre Helden boten technisch
höchste Spielqualität und eine energiegeladene Show. Genau so
muss das sein, so macht das Spass! «D.N.A», «The Preacher», «The
New Order» und «Disciples Of The Watch“ waren nur einige der
Tracks, die sich wie ein Highlight an das nächste reihten. Auch
vom neuesten Output «Dark Roots Of The Earth» wurde der
Titelsong präsentiert, ebenso wie von der gleichen Scheibe der
Mitschrei-Track «Rise Up», bei dem dem agilen Quintett ein
lautes "War" entgegen schallte. Gewohnt souverän wie sympathisch
hatte Chuck Billy leichtes Spiel mit den Fans und führte
natürlich wieder sein legendäres leicht verlängertes Mikro ins
Feld. Dabei liess der Frontmann mit seinen Airguitar-Einlagen
einmal mehr durchblicken, dass er wohl gerne als dritter
Gitarrist in der Band fungieren würde. Doch das, was Ur-Member
Eric Peterson und vor allem Alex Skolnick an Spielfreude rüber
brachten, machte heute Abend den entscheidenden Unterschied aus,
und darum wurde die Bay Area-Kombo zurecht abgefeiert. Ein mehr
als würdiger Co-Headliner-Gig! (luc)
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Twisted Sister
Inzwischen war es dunkel geworden und mit dem Wetter hatten wir
an diesem Tag eh ziemlich Glück, und obwohl es etwas bewölkt
war, blieben wir von grösseren Mengen Wasser von oben verschont.
Es war dafür aber ziemlich kalt geworden, um nicht zu sagen
arschkalt, und so kam es gerade recht, dass die Band, die für
die meisten Fans heute das Highlight schlechthin war, den
fröstelnden Headbangern gleich mal mit einer gehörigen Pyro-Show
einheizte. Nach dem obligaten und kultigen „Good evening and
welcome to the show“ aus dem Munde des einzigartigen Dee Snider
legten Twisted Sister mit einer gewaltigen Performance los. Wenn
es einen Mensch auf dieser Erde gibt, der für die Bühne geboren
wurde, dass ist es der mittlerweile ergraute Lockenkopf. Keine
Ansage, die einem emotional nicht irgendwie berührte, keine
Sekunde, in der er sich eine Auszeit von der Interaktion mit dem
Publikum gönnte. Jeder, der hier vor der grossen Bühne stand und
diese Show voller Sounds, Farben, Emotionen und Lichter
miterleben durfte, sollte sich glücklich schätzen, denn Twisted
Sister sind zu unser aller Bedauern, ja Entsetzen, auf ihrer
Abschiedstournee. Nach dem Tod des Original-Drummers A.J. Pero
2015 holten sich die Amerikaner mit Mike Portnoy zwar einen
sicherlich extrem fähigen Ersatz an Bord - wer würde es wagen,
an seinem musikalischen Können einen Zweifel zu äussern - aber
dennoch ist die Band nun nicht mehr dieselbe. Twisted Sister
machten das schon richtig, man muss aufhören, so lange alles
noch cool ist. Bei anderen Truppen sieht man, dass es sonst echt
schon etwas peinlich werden kann - ja, ich spreche von einer
gewissen australischen Hard Rock-Band. Also war geniessen
angesagt und so feierten wir Überhits, ach was, Hymnen wie
«We’re Not Gonna Take It» und «I Wanna Rock» mit einem lachenden
und einem weinenden Auge ab. Trotz der mittlerweile fast
winterlichen Temperaturen liess dieser Gig wohl keinen kalt auf
dem Gelände. Ich bin dankbar, dass ich diese Show erleben durfte
- man fühlte sich ein wenig, als ob es sich um ein historisches
Ereignis handelt. vor allem angesichts des Legendensterbens der
letzten Monaten, auf das auch Twisted Sister hinwiesen, als sie
Lemmy (R.I.P.) ihren Song «We’re Not Gonna Take It» widmeten.
Nach diesem denkwürdigen Erlebnis gabs noch ein ehrerbietendes
Gute-Nacht-Bier, und dann begann bereits das Kräftesammeln für
Tag drei! (luc)
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In der Halle am Freitag (2. Tag)
Tigertailz
Die englischen Poser-Könige beehrten
Balingen. Nun ja..., es war eine eher
zwiespältige Angelegenheit. Keine Ahnung ob es
heute reicht, sich die Haare schwarz zu färben
und in Klamotten zu zwängen, die grundsätzlich
schon mal ein paar Nummern zu klein sind. Aber
leider sah Bassist Berty Burton mehr nach einem
Bankangestellten aus, der sich auf der Bühne
verirrte. Zumindest liess Gitarrist Jay Pepper
mit seinem roten Bühnenoutfit die goldenen
Zeiten der Tailz, Tuff, Poison und Pretty Boy
Floyd auferstehen. Mit dem platinblonden Rob
Wylde hatte der Vierer einen (über-) motivierten
Sänger auf der Bühne, der ständig in Bewegung
war. Aber auch einen, bei dem beim
Abschlusstrack «Love Bomb Baby» die Stimme
völlig versagte. Sicher, es wehte ein Hauch ein
L.A.-Flair Über die Bühne, aber es war eben nur
ein Hauch, denn mit zunehmender Spielzeit waren
es auch die fehlenden Hits, die den Gig von
Tigertailz zu etwas fast Austauschbarem gerieten
liessen. Da nützten die einfachen Riffs, die
schnell in die Gehörgänge gehenden Refrains oder
die unzähligen «oh-oh» mit der Zeit nichts mehr.
Das Lustige war aber, dass sich alle Besucher in
Grund und Boden schämen würden, einen
Tigertailz-Gig zu besuchen und doch war die
Halle sehr gut gefüllt..., selbst mit
Kreator-Kuttenträgern! Ob dies an «Bloodsuckers»
lag, einem Song, den die Jungs eientlich für
Poison schrieben, der aber von den Jungs
abgelehnt wurde oder an den fliegenden
Drumsticks, dem stetig in Bewegung bleibenden
Rob oder wirklich tollen Tracks wie «Hollywood
Killer» oder «Shoot To Kill»? Man weiss es nicht
genau. Traurigerweise spielten die Engländer
ihren grössten Hit «Living Without You» in der
wohl schlechtesten Version und raubten der Hymne
das Flair. Anyway, es war eine unterhaltsame
Rock-Show von gealterten Bad Boys, die um jeden
Fan kämpften, aber mit zunehmender Spielzeit
auch zeigten, dass die Luft nach den beiden
ersten Scheiben raus war. (tin)

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